Geschmacksbildung
Die Geschmacks- und Geruchszellen treten zwischen der 8. und 12. Schwangerschaftswoche auf und sind ab dem 6. Monat in utero funktionsfähig. Durch die Aufnahme von Fruchtwasser kann sich der Fötus mit bestimmten Aromen aus dem Nahrungsrepertoire der Mutter vertraut machen.
Die Anziehungskraft des Neugeborenen auf Aromen, die vor der Geburt wahrgenommen werden, wurde in verschiedenen Studien bestätigt. Bei der Geburt werden bestimmte Geschmäcker stärker geschätzt, vor allem der Geschmack von süß und Fett, den man auch in der Muttermilch findet. Im Gegensatz dazu lehnt das Neugeborene saure und bittere Geschmacksrichtungen ab, die sensorische Marker für potenziell giftige Lebensmittel sind. Die Vorliebe für bestimmte Geschmacksrichtungen ist angeboren, aber es ist wichtig zu wissen, dass diese Vorlieben sehr anpassungsfähig sind. Im Gegensatz zum Geschmack sind Gerüche nicht angeboren. Die Freude am Geruch und die Ablehnung des Geruchssinns sind ausschließlich eine Folge des kulturellen Lernens.
Nach der Geburt lernt das Baby über die Muttermilch weiterhin die Aromen der Nahrung seiner Mutter kennen. Kinder, die gestillt werden, zeigen übrigens später eine breitere Akzeptanz an Lebensmitteln als solche, die mit dem Fläschchen ernährt wurden und so nicht in den Genuss dieser Geschmacksvielfalt kamen.
Mit der Ein"ührung der Beikost, die zwischen dem 5. und 7. Monat beginnt, wird dem Kind eine große Vielfalt an Geschmäckern, Texturen und Konsistenzen präsentiert.
Süße und kalorienreiche Lebensmittel werden eher spontan gemocht, während bittere und kalorienarme Lebensmittel erst erlernt werden müssen, um ihnen zu schmecken. Dennoch hat die Einführung der Beikost für den Säugling einen stimulierenden Charakter, was die sensorischen Entdeckungen und das Erlernen von Lebensmitteln betrifft.
- Je mehr Aroma- und Texturvielfalt ein Kind von Anfang an kumuliert hat, desto o(ener ist es später für die Entdeckung neuer Lebensmittel.
- Selbst zubereitete Mahlzeiten wirken sich positiv auf die aromatische Vielfalt aus, die das Baby entdeckt, und sind ein Grundpfeiler der Geschmackserziehung.
Wenn das Kind nur natürliche Lebensmittel und Gerichte mit natürlichem Geschmack (ohne Zuckerzusatz, ohne zugesetzte Aromen) kennenlernt, wird es lernen, Lebensmittel und Gerichte zu schätzen, die seiner Gesundheit förderlich sind.
Das Baby absolviert eine richtige Geschmackslehre, die übrigens das ganze Leben fortdauert, auch im Erwachsenenalter.
Es ist wichtig zu wissen, dass Kinder bis etwa 18 Monate relativ leicht akzeptieren, alle Lebensmittel zu probieren, die man ihnen anbietet. Die während des Stillens und im Kleinkindalter entwickelten Vorlieben können bis ins Erwachsenenalter fortdauern.
Die ersten 1000 Tage eines Kindes sind eine intensive Entwicklungs- und Lernphase, in der das Kind äußerst sensibel auf Umweltreize reagiert und besonders neugierig auf verschiedene Geschmäcker, Texturen und Gerüche ist.
Der Geschmack entwickelt sich mit den Sinneserfahrungen, die das Kind im Laufe seines Lebens machen wird. Schon im frühen Alter spielen die Eltern eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Geschmacks und der Essgewohnheiten des Kindes. Eltern ermutigen das Kind, Lebensmittel auf unterschiedliche Weise zu erkunden und dabei alle fünf Sinne zu nutzen, um Autonomie, Selbstfindung, Wohlbefinden und soziale Bindung zu fördern. Die Eltern begleiten das Kind beim Entdecken der verschiedenen Geschmäcker und achten dabei auf den Rhythmus des Kindes, da jeder Esser eine individuelle Erfahrung macht. Außerdem kann das Erlernen des Geschmacks als Quelle des Vergnügens die Bindung der Eltern zu ihrem Kind nur stärken. Die Rolle der Eltern besteht also darin:
- Freude am Essen zu vermitteln;
- Den Geschmack für eine Vielzahl von gesundheitsfördernden Lebensmitteln und Gerichten zu wecken;
- Das Kind dabei zu begleiten, einen Geschmack für natürliche Lebensmittel und Gerichte mit natürlichem Geschmack zu entwickeln.
Die emotionale und soziale Begleitung der Mahlzeiten zählt genauso viel wie der Inhalt des Tellers. Die Haltung der Person, die das Kind beim Essen begleitet, ist entscheidend. Eine warme, beruhigende und belohnende Haltung schaft ein affektives Klima, das das Kind unbewusst mit dem Geschmack des Essens verbindet. Eine positive Erinnerung an die erlebte Mahlzeit steigert die Freude an zukünftigen Mahlzeiten.
Ernährung ist nicht nur die Deckung des Nährsto-edarfs, sondern auch ein Lernen über Essen und Sinne, das für das spätere Wohlbefinden beim Essen von entscheidender Bedeutung ist.
Der affektive und soziale Kontext der Mahlzeit, z. B. Mahlzeiten im Familienkreis, spielt eine große Rolle, da die affektive Dimension mit dem Geschmack der Speisen verbunden ist.
IN DER PRAXIS
- Schaffen Sie während des Essens eine warme Atmosphäre, haben Sie eine positive Einstellung.
- Je nach Alter des Kindes lassen Sie es bei der Zubereitung in der Küche helfen.
- Lassen Sie das Kind Lebensmittel und Gerichte mit allen Sinnen entdecken.
- Bieten Sie Lebensmittel und Gerichte mit unterschiedlichen Geschmäckern und Texturen an.
- Achten Sie auf die Präsentation des Gerichts. Bieten Sie farbenfrohe Gerichte an.
- Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, indem Sie sich gesund und abwechslungsreich ernähren, ggf. von was das Kind isst.
- Respektieren Sie den Appetit und den Geschmack des Kindes.
- Erklären Sie, was es zu essen gibt, verbalisieren Sie, benennen Sie die Lebensmittel und Gerichte.
- Lassen Sie ihr Kind die Lebensmittel anschauen, anfassen, riechen, ein wenig probieren, mögen, nicht mögen, essen.
- Wiederholen Sie die Gerichte, um ihr Kind mit ihnen vertraut zu machen.
RUND UM DAS ESSEN
- Gute Atmosphäre am Tisch, stärkt die positive Einstellung zum Essen.
- Alle Bildschirme, Radios, Telefone, Handys ausgeschaltet, verhindert, dass das Essen mit Ablenkung in Verbindung gebracht wird.
- Regelmäßige Mahlzeiten, geben Orientierung und Sicherheit.
- Mahlzeiten möglichst in der Familie, stärkt den sozialen Charakter und sichert das Bedürfnis nach Zuneigung.
- Kinder ahmen die Essgewohnheiten der Eltern nach und kopieren sie, gehen Sie mit gutem Beispiel Sie mit gutem Beispiel voran.
- Eltern bieten ausgewogene Mahlzeiten an und sichern den Nährstoffedarf des Kindes.
- Das Kind entscheidet, wie viel es isst und trinkt. Die Selbstregulation bleibt erhalten.
- Der Tisch ist frei von ablenkenden Gegenständen: Spielzeug, Bücher, Bildschirm, ... um ein besseres Gefühl für Hunger und Sättigung zu bekommen.
- Eltern drängen die Kinder nicht, den Teller leer zu essen, das Kind entscheidet, wie viel es isst.
- Begleiten Sie das Kind während des Essens, alleine zu essen macht keinen Spaß.
- Augenkontakt suchen um zu kommunizieren.
- Mit dem Kind zu sprechen, ihm zu erklären, was es zu essen gibt fördert die Ausdrucksfähigkeit des Kindes.
- Unterstützen Sie das Kind, wenn es selbst essen möchte, dies ist wichtig, um die Entwicklung der Selbstständigkeit zu unterstützen.
- Respektieren Sie seinen Geschmack und respektieren Sie die individuelle Erfahrung.
- Nicht zwingen, nicht erpressen fördert die Autonomie beider eigenen Entscheidungs!ndung in Bezug auf die Wahl der Lebensmittel.
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